Aktuell HodenHodenkrebs Hodenkrebs – ich habe ihn besiegt!

Hodenkrebs – ich habe ihn besiegt!

von menscore
Fachliche Beratung: Ärztliche Redaktion
© Picture-Factory - Fotolia.com
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Mit 27 wurde bei Frank S. aus Zwickau Hodenkrebs diagnostiziert. Obwohl die Krankheit schon sehr weit fortgeschritten war, konnte er den Krebs besiegen. Heute, mit 41, erzählt er seine Geschichte. 

„Ich möchte über die Krankheit berichten, die bei mir schon sehr weit fortgeschritten war. Ich hatte Metastasen in Leber und Lunge und große Lymphpakete im Bauchraum. Ich will erzählen, wie sie entdeckt wurde und wie die Therapie verlief – und wie ich das alles erlebt habe. Vielleicht kann ich damit anderen Betroffenen und ihren Angehörigen ein wenig helfen“, sagt Frank S.

Schmerzfreier Hoden

Bis zuletzt hat Frank keine Schmerzen in seinem Hoden gespürt. „Sonst wäre die Diagnose bestimmt früher gestellt worden“, sagt er. „Selbst die Schmerzen, die mich letztlich zum Arzt trieben, kamen nicht aus dem Hoden, sondern aus den anderen Organen, in die der Krebs sich verbreitet hatte“. 

Die Odyssee beginnt

Es begann mit starken Rückenschmerzen, die teilweise in den Bauchraum ausstrahlten, weshalb Frank Anfang September 1999 zu seinem Hausarzt ging. Dieser schrieb ihn erst einmal krank. Als es nicht besser wurde, überwies er ihn zum Röntgen (Brust und Bauch), zum Ultraschall (Unterbauch) und zur Darmspiegelung. Alle Befunde waren normal.

Ende September wurden seine Beschwerden so stark, dass er ins Krankenhaus musste, wo er Schmerzmittel bekam und eine weitere Ultraschalluntersuchung sowie eine Magenspiegelung durchgeführt wurde. Frank S. wurde entlassen mit der Empfehlung „… zur Mitbehandlung durch einen Facharzt für Urologie …“, wegen „… Steinverdächtige Struktur in der rechten Niere“.

Urologe, Hausarzt, Labor und teure Diagnosetechnik – trotzdem kein Befund

Am 30. September 1999 stellte Frank S. sich also beim Urologen vor. Dieser machte eine Ultraschalluntersuchung seiner Nieren und röntgte sie mit Kontrastmittel, aber finden konnte er die Ursache der Schmerzen auch nicht. Sein Fazit: „Klinisch O.B.; eher Wirbelsäule/Ileosakralgelenke…“. Er empfahl orthopädische Behandlung und teilte Franks Hausärztin folgendes mit: „Der beschriebene Kelchstein erklärt die Beschwerden nicht“.

Eine daraufhin von der Hausärztin veranlasste Computertomografie der Brust- und Lendenwirbelsäule brachte keine weiteren Erkenntnisse, eine Blutuntersuchung auf fiese Bakterien war negativ, und auch die Kernspintomografie konnte keine Aufklärung bringen. 

Eingebildet krank?

Der Hausarzt überwies Frank nun zum Facharzt für Neurologie und Psychiatrie. Bei ihm war er 10 Wochen in Behandlung. Der Befund: „… Appetitlosigkeit, 2kg Gewichtsabnahme, Schlaflosigkeit und zeitweise unerträgliche Schmerzen im Bauchraum. Der Tastbefund des Bauches ergab einen großen Tumor im Ober- und Mittelbauch sowie eine um 5 Querfinger verbreiterte Leber.“ 

Endlich eine Diagnose!

Die daraufhin durchgeführte computertomografische Untersuchung brachte dann endlich den Befund: Der gesamte Bauchraum, insbesondere Lunge, Leber und Lymphknoten waren massiv von unzähligen Tochtergeschwülsten befallen. Diese Tumorknoten und -pakete waren so groß, dass sie stark auf Franks Hauptschlagader und Hauptvene drückten. Und schließlich: Knoten im rechten Hoden.

Der nächste Arzt veranlasste die sofortige stationäre Aufnahme ins Krankenhaus. Das war am 28. Dezember 1999.

Die OP

Einen Tag später wurde Franks rechter Hoden herausoperiert, und zwar direkt aus dem Hodensack. Normalerweise wird der Hoden durch einen Zugang in der Leiste entfernt.

Der Operateur beschrieb im OP-Bericht eine tastbare, derbe Resistenz, der Pathologe gab im histologischen Befund den größten Tumordurchmesser mit 4cm an. Die zusammenfassende histologische Beurteilung lautete: „Hodentumor vom hohen Malignitätsgrad in Form eines pluriform strukturierten Keimzelltumors mit Seminomanteilen, Anteilen eines embryonalen Karzinoms, teilweise mit Dottersackstrukturen und Gruppen von trophoblastären Riesenzellen, innerhalb von ausgedehnten Tumornekrosen. Tumorformel: pT2 N3 M1 G3.“

Die Chemotherapie – 4 Zyklen

Am 1. Januar 2000 bekam Frank S. seinen 1. Zyklus Chemotherapie. Wegen seines schlechten Allgemeinzustands ging es ihm dabei sehr schlecht, ihm war ständig übel, er musste sich oft übergeben und hatte keinen Appetit.

Am 18. Januar 2000 konnte Frank das Krankenhaus zwar erstmals wieder verlassen; Er war noch schwach und ihm begannen die Haare auszufallen, worauf er sich vom Friseur eine Glatze schneiden ließ. Aber schon eine knappe Woche später musste er wieder ins Krankenhaus, für den 2. Zyklus Chemotherapie. Alle durchgeführten Untersuchungen zeigten eines: Weder in Brust, noch im Bauch waren Tumoren mehr zu sehen. „Ich weiß noch, wie der Professor zur Visite an meinem Bett stand. Die Stationsärztin hielt mein Röntgenbild ans Fenster und meinte, dass ihres sicher nicht besser aussehen würde. Und der Professor nahm meine Hand und sagte: „… Herr S., ich glaube, sie werden wieder ganz gesund!“. Ich kam mir vor wie in einer schlechten Arztserie!“, erinnert sich Frank.

Bei den weiteren Zyklen Chemotherapie (2. – 4.) musste u.a. auch ein besonders aggressives Medikament gegeben werden, das Bleomycin. „Davon habe ich heute noch Hautverfärbungen an einer Stelle am Arm, wo ich es injiziert bekommen habe“, sagt Frank. Aber davon abgesehen, hat er die Chemo so gut vertragen, dass er „eigentlich ständig am Essen war. Mir war nicht einmal übel. Ich bin sogar regelmäßig aus der Klinik raus und habe mir Döner oder Pizza geholt“.

 

Doch wieder Metastasen

Nach Abschluss dieser 4 Zyklen Chemotherapie wurde mittels CT nachkontrolliert. Nun wurden dabei doch Metastasen-Reste in Leber und Lunge gefunden. Die Oberärztin teilte Frank mit, dass eine weitere Behandlung dringend erforderlich sei, um ihn vollständig heilen zu können. Sie schlug eine Hochdosis-Chemotherapie vor, die in dem Krankenhaus allerdings nicht verabreicht werden konnte. Da diese Therapie die Blutwerte stark beeinträchtigen würde, müsse Frank auf eine absolut sterile Station verlegt werden. Denn die kleinste Infektion könne einen in so einer Situation umbringen. Sie überwies ihn an eine Uniklinik mit einer Knochenmarktransplantationsstation. 

In der Uniklinik

Hier wurde ein Zyklus Chemotherapie durchgeführt, und zwar mit denselben Medikamenten wie beim ersten Mal. Entsprechend ging es auch diesmal nicht ohne Übelkeit und Appetitlosigkeit vonstatten.

Nach einem knapp einwöchigen „Heimurlaub“ fand sich Frank wieder ein, diesmal um Stammzellen zu sammeln. Nach einer Chemotherapie werden zu einem bestimmten Zeitpunkt vom Knochenmark Stammzellen in das Blut ausgeschüttet. Stammzellen Bilden u.a. neue Blutzellen. Diese sollten aus Franks Blut gefiltert, in flüssigem Stickstoff tiefgefroren und gelagert werden, mit dem Ziel, sie ihm nach der Hochdosis-Chemo wieder zu geben, um das Bilden neuer Blutzellen zu beschleunigen.

Zum Sammeln der Stammzellen wurde Frank ein Zentraler Venen Katheter gelegt, ein Zugang, bei dem der Katheter über die Halsvene bis zum Herzen geschoben und am Hals festgenäht wird. „Das hört sich schlimm an, ist aber eine gute Lösung, weil man dann nicht ständig in den Arm gestochen werden muss. Ist der ZVK erstmal gelegt, tut er auch nicht weh“, sagt Frank.

Zum Sammeln selbst wurde Frank an einem Apparat angeschlossen, durch das das Blut hindurchgeleitet, gefiltert und danach in den Körper zurückgeführt wurde, wie bei einer Blutwäsche. „Das hat etwa 3 Stunden gedauert, aber eine nette Krankenschwester hat mich in der Zeit gut mit Brettspielen unterhalten“, so Frank. Die Sammlung wurde an zwei Tagen durchgeführt.

1. Zyklus Hochdosis-Chemotherapie

„Für meinen Aufenthalt auf der Knochenmarktransplantationsstation brauchte ich für jeden Wochentag eine neue Zahnbürste, Unterwäsche, Kleidung und Schlafanzug. Denn jeden Tag wurden die Sachen gewechselt und sterilisiert. Die Zahnbürsten sogar eingeschweißt“, erinnert sich Frank. Vor seinem Zimmer gab es eine Schleuse, in der sich jeder desinfizieren musste, der zu ihm wollte. „Mein Zimmer, auf dem ich die nächsten vier Wochen verbringen sollte, kam mir auf den ersten Blick wie eine Notaufnahme vor. An der Wand hinter meinem Bett waren jede Menge technischer Geräte, die meinen Zustand überwachen sollten, sowie Perfusoren, die mir ständig Medikamente gaben.“

Wieder einmal ging die Therapie mit Übelkeit und häufigem Erbrechen einher. „Nach ein paar Tagen bekam ich meine Stammzellen zurück und es wurde ein ziemliches ‚Trara‘ darum veranstaltet. Ich bekam bei der Verabreichung der Stammzellen einen Hustenbonbon in den Mund, weil man dabei wohl angeblich einen komischen Geschmack in den Mund bekommt. Tatsächlich hat es auch irgendwie nach ‚muffiger Bettwäsche‘ geschmeckt“, sagt Frank.

Es sollte ca. 10 Tage dauern, bis Franks Blutwerte, die sich durch die Hochdosis-Chemotherapie extrem verschlechtert hatten, sich langsam wieder erholen würden. Frank: „Es war schon eine lange Zeit so isoliert auf dieser Station. Wenigstens durfte mich meine damalige Freundin täglich besuchen. Ansonsten habe ich mir die Zeit mit Lesen, Fernsehen und meinem Laptop vertrieben. Positiv war, dass zu der Zeit gerade die Fußball-Europameisterschaft stattfand.“

Nach einem 2. Zyklus Hochdosis-Chemotherapie mit anschließender Stammzellverabreichung konnte Frank S. nach fast einem dreiviertel Jahr Krankenhausaufenthalt wieder nach Hause.

Nachkontrolle

Alle Untersuchungen bei der Nachkontrolle, vor allem die CT mit Kontrastmittel und Sonografie, erbrachten das Ergebnis, dass keine aktiven Krebszellen oder Tumorgewebe mehr vorhanden waren. „Zur Sicherheit hat meine Ärztin noch eine spezielle Untersuchung vorgeschlagen, bei der man ganz genau erkennen kann, ob auch nur eine Tumorzelle überlebt hat, die PET.“ Bei der Positronen Emissions Tomographie wird dem Patienten ein radioaktives Isotop gespritzt, das sich besonders in Zellen anreichert, die sich schnell teilen, wie eben Krebszellen. Mit einem Tomographen, wie beim normalen CT, wird das Ganze dann aufgezeichnet. „Das einzig negative an dieser Untersuchung ist, dass sie so lang dauert. Ich glaube ich lag ca. drei Stunden in der Röhre“, berichtet Frank.

Befundbericht PET vom 22.09.2000

„Befund:
Physiolog. Aktivitätsanreicherung im Untersuchungsgebiet. Kein Nachweis fokaler Mehrspeicherung im Bereich der Leber, der Lunge u. des Mediastinum.“ 

Geheilt!

Auch bei der PET-Untersuchung wurden also keine aktiven Krebszellen mehr festgestellt. Frank hatte es geschafft!

Dieser Befund ist nun über 13 Jahre her. Bereits nach fünf Jahren ohne Wiederkehren der Krankheit gilt man als von diesem Krebs geheilt.

Frank hat es geschafft, obwohl es bei ihm schon recht spät war. Deshalb rät er allen Männern im Alter von 20 bis 40 Jahren, sich die Hoden regelmäßig selbst auf Knoten und Verhärtungen abzutasten.

Zwar kann der Krebs dadurch nicht verhindert werden, aber man kann ihn entdecken, bevor er in andere Organe streut, was die Dauer der Behandlung und die Anzahl der Chemotherapie-Zyklen deutlich verringern kann.

Aber Achtung: In einigen Fällen muss die Krankheit früh entdeckt werden, damit der Patient überhaupt geheilt werden kann, unabhängig vom Zeitpunkt der Entdeckung.

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