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Tätowiert euch!

von K.J. Schindler
Fachliche Beratung: NEIN
© Nejron Photo - Fotolia.com
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Ein Leben ohne Tätowierungen ist möglich, irgendwie. Unser Autor jedoch plädiert – zumindest beim jeweils anderen Geschlecht – für unbedingtes Dekorieren der Haut. Sonst könnten wundervolle Erlebnisse frevelhafterweise an einem vorüber gehen.

Der Mensch gibt Unsummen für die kosmetische Pflege seiner Haut aus, und weil ihm das nicht genügt, verschönert er dieses vielseitige, hoch sensible Körperorgan vermittels ungestümer Sticheleien nicht selten bis zur ebenfalls teuren und garantiert überaus gesunden Unkenntlichkeit. Er ist halt immer und überall absolut bei Sinnen, der Mensch.

Gut haben es zum Beispiel Bergleute, Cowboys oder Metallfachverarbeiter. Bei denen erfolgen Tätowierungen quasi berufsbegleitend und völlig kostenlos: Kohlestaub, Pulverschmauch oder kleine Stahlsplitterchen dringen in das Bindegewebe ein und erzeugen formschönes und farbenfrohes Schmuckwerk in der Haut. Aber nicht allen wird der Segen solcher vorteilhaften Jobs zuteil, besonders nicht allen Frauen.  

So muss oft künstlich nachgeholfen werden. Tätowierer feiern heute Siegeszüge. Zwar ließen sich Tattoos schon bei 7.000 Jahre alten Mumien nachweisen, doch gerieten sie zwischenzeitlich ein wenig in Vergessenheit. Außer, dass man vielleicht gern einmal dem Zuchthaus frönte, wo Rangordnungen oder die Art des Deliktes zum Einstich gelangten. Oder dass man ein Haustier sei, dem ein Identifikationscode eingeritzt wurde.

Das allgemeine und verschärfte Wiedererwachen unserer Sinne für diese unvergleichliche Dekorationskunst geht auf das Auftauchen eines weltweit bewunderten Helden in den zugigen Höhen der Alpen zurück, auf Ötzi. Schockgefrostet war bei jenem tapferen Wandersmann noch alles mögliche gut erhalten, insbesondere aber diverse Tattoos. Rasch avancierten diese zu den eigentlichen Ursachen für Ötzis wahnsinnige Unversehrtheit. Schließlich kamen da oben ja garantiert noch wesentlich mehr Leute um, doch kaum jemand wurde gefunden, schon gar nicht derart hervorragend konserviert und gut aussehend, weil ihrerseits eben wahrscheinlich nicht tätowiert. Tätowierungen schützen also auch.

Immer mehr Menschen schützen sie etwa vor sexuellen Aktivitäten. Es war zwar schon immer ein großes Begehr unserer Spezies, mit dem anderen Geschlecht innigst eins zu werden. Aber dass wir uns mit einem Haut gewordenen zoologischen Garten oder Wandteppich paaren, legte uns die um Fortpflanzung bemühte Schöpfung mitnichten in die Wiege, weshalb wir solche Übungen zunehmend auch meiden. Wie hieß uns Mose 3,19,28 vorsorglich? „Geätzte Schrift sollt ihr an euch nicht machen. Ich bin der Herr!“

Besorgte internationale Volkszähler verweisen nun darauf, dass es ohnehin schon viel zu viele Menschen auf der Erde gibt und die Zeugungsfähigen deshalb bitte auch den letzten Rest Fleischeslust an ihren noch nicht vollständig verlitfaßsäulten Leibern per chinesischem Hausdrachen oder Walter Moers‘ kleinem Arschloch tilgen mögen. Ehe wir’s vergessen: Extrem phantastisch machen sich zu diesem Behufe überdies die Namen und Konterfeis unserer jeweiligen zwischenmenschlichen Vorgänger unweit der erogenen Zonen des entblößten Vis-á-Vis. Bliebe noch der Ausweg, es angezogen zu tun, in voller kleidertechnischer Montur. Aber sowas schreckt auch manche ab. Es haut also ganz bestimmt irgendwie hin mit dem allmählichen Aussterben des überzähligen Menschen.

Wollen wir jedoch nicht gänzlich verzagen. Gelegentlich überkommt es uns ja trotzdem noch, und mit ein bisschen Glück verbindet sich dabei außerdem das Erotische mit dem, das unseren Horizont erweitert. Wie damals, als ich in meiner Eigenschaft als Freund mechanischer Uhren ein Erlebnis der dritten Art hatte. Es geschah in einem schnuckeligen Landhotel nahe Freiburgs. Ich kam sehr spät an und war mit der hübschen Frau an der Rezeption praktisch alleine. Na ja, wie das dann eben so ist.

Sie schloss den Laden, trug ein handwerklich rustikal gehaltenes Geweih über dem Steißbein und  zahllose weitere Verzierungen, wie sie in jener bodenständigen Region auch an Häusern, Hüten und typischen Produkten vorkommen. Ein Schock, selbstverständlich. Mann ist jedoch nicht bar jeglichen Mitgefühls. Und so darf ich mit Stolz behaupten, ein dreitägiges Verhältnis mit einer Kuckucksuhr gehabt zu haben, und wer kann das schon.  

Ein trinkfreudiger Kollege ließ sich übrigens seine Adresse auf die Hand tätowieren. Seitdem wird er sogar ohnmächtig stets ordentlich zu Hause abgeliefert. Auch prima.

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