Nach dem Flirt ist vor dem Flirt… von Inka Steyn 5. Mai 2012 geschrieben von Inka Steyn Fachliche Beratung: NEIN © Kzenon - Fotolia.com … oder wie hieß das doch gleich? Wie auch immer: Jetzt ist die richtige Zeit zum Flirten. Warum Flirten glücklich macht, wieso wir im Frühling ganz automatisch so tief in fremde Augen blicken – und was Sie dabei unbedingt beachten sollten. Die Ausgangslage Frühling: Ein Mann, nennen wir ihn Mike (er könnte auch Ihren Namen tragen), schlendert durch die Stadt. Er lässt den Blick schweifen. Kurze Röcke, tiefe Ausschnitte, sensationelle Einblicke. Die Sonnenstrahlen kitzeln auf seiner Haut – und, ja, die Blicke der Damen. Da, jetzt hat er eine beim Gucken erwischt, eine Radfahrerin mit blitzgrünen Augen. Die Sonne macht Mike mutig, er lächelt sie an, die Radlerin wird rot und saust davon. Soll sie sausen, die Welt ist voller schöner Mädchen… Eins ist sicher: Flirten gehört zum Frühjahr wie der Käse auf die Pizza. Dass Sie sich die Mädels ausgerechnet jetzt besonders scharf ansehen, ist natürlich kein Zufall – und hat auch nicht (nur) mit den sexy Sommersachen zu tun, die die Damenwelt gerade aus dem Keller geholt hat. Hauptgrund für die Frühlingsgefühle ist: Unsere Hormone reagieren auf die Sonne! Über die Netzhaut steuert nämlich das Licht die Zirbeldrüse im Gehirn: Sobald die Tage länger werden, sinkt die Produktion des Schlafhormons Melatonin drastisch, die des Gute-Laune-Botenstoffs Serotonin steigt. Wir werden aktiver, sind übermütig – und durchaus bereit, auf das Zwinkern der frech grinsenden Achtzehnjährigen am anderen Ende des U-Bahn-Waggons zu reagieren. Oder auf das Lächeln der Kioskverkäuferin, die plötzlich „Que sera“ pfeift. Wo kommt deren erotische Ausstrahlung plötzlich her? Das Flirtrevier Mike ist an diesem Abend eingeladen. Die Party ist bereits im vollen Gange als es noch mal klingelt. Auftritt: Eine Göttin! Für Mikes Geschmack jedenfalls, die Frau ist eine gelungene Mischung aus der jungen Jane Birkin und einem beliebigen Supermodel. Und erst dieses Lächeln, das sie – o Wunder – in seine Richtung sendet. Seine Ohren rauschen wie die Niagarafälle und um den Solar Plexus herum befindet sich mit einem Mal ein Hubschrauberlandeplatz. Drei Sekunden – mehr Zeit vergeht nicht, bis unser erster Eindruck von einem anderen Menschen steht. Auf Basis von Äußerlichkeiten wie Gesicht, Kleidung und Bewegung machen wir uns unbewusst augenblicklich ein Bild – zum Beispiel über Alter, sozialen Status, Intelligenz oder auch den Gesund- heitszustand unseres Gegenübers. Das Unterbewusstsein kommt zu Schlüssen wie: „Kerngesunde Studentin“ oder „Öko-Suse mit Midlifecrisis“. Irrtümer nicht ausgeschlossen – ein erstes Urteil ist nun mal keine tiefenpsychologische Persönlichkeitsanalyse. Und doch entscheiden die drei Sekunden über Sympathie und Antipathie. Bei Angehörigen des anderen Geschlechts wird noch eine weitere Facette abgecheckt: Kommt diese Person – eventuell – für Sex in Frage? Nicht, dass wir uns missverstehen: Sie müssen gar nicht ständig bewusst an Sex denken – Ihr Körper tut’s von ganz allein. Der ist nämlich von der Evolution so „programmiert“, dass er sich eine geeignete Fortpflanzungs- kandidatin nicht durch die Lappen gehen lassen will. Als unsere Ahnen einsam durch die Wälder streiften, war die Bevölkerungs- explosion noch fern – sprich: die Auswahl noch nicht so groß, da musste man beizeiten zuschlagen. Dieses Erbe sitzt in unseren Genen. Und denen ist es schnuppe, dass wir bereits die Ehering-Kataloge des örtlichen Juweliers auf dem Nachttisch liegen haben oder gerade damit beschäftigt sind, in der Kantine das Bio-Gericht des Tages zu speisen. Sie können sich drauf verlassen: Ihr Körper schlägt Alarm, wenn er „was Passendes“ sieht. Für Frauen gilt das natürlich genauso. Die Blicke Die Göttin legt ihren Trenchcoat ab. Mike verfolgt das aus dem Augenwinkel, während er hastig sein Bier kippt. Er will die Superfrau ja nicht anstarren wie Manuel Neuer den Ball. Doch dann sieht er wieder hin und die Blicke der beiden treffen sich erneut. Herzklopfen! Gut, dass sie nicht auch auf dem Rad davon saust! Ohne Blickkontakt kein Flirt. Über die Augen signalisieren wir Interesse. Doch nicht nur das: Direkter Blickkontakt macht glücklich. Der Neurologe Knut Kampe und sein Team fanden heraus, dass immer dann, wenn wir dem Blick eines (für uns) attraktiven Menschen begegnen, ein Belohnungszentrum im Gehirn aktiviert wird und Glücksgefühle hervorruft. Attraktivität allein – ohne Augenkontakt – ruft keine solche Reaktion hervor. Jetzt besonders wichtig: Lächeln! Angelächelte Personen fühlen sich angenehm bestätigt und beurteilen den Verursacher des angenehmen Gefühls positiv: Beim Flirten eine erwünschte Nebenwirkung und noch einer der Gründe, weshalb wir es so gerne tun. Eine ganze Reihe von positiven physiologischen und psychischen Kettenreaktionen also, allein durch Anschauen und Anlächeln. Darum sind zum Flirten jene Orte ideal, an denen gute Sicht gegeben ist: Café, Bus, Uni-Seminar, vor der roten Ampel… Apropos Ampel: Manche Flirts bestehen allein aus Blickkontakt und sind bereits nach ein paar Augenblicken passé – etwa, weil die Süße im Smart auf der Abbiegespur „Grün“ bekommt. Der Anmachspruch Wieso muss ihm ausgerechnet jetzt die Arbeitskollegin des Gastgebers die Lebensgeschichte ihres Zwergkaninchens referieren? Aha, die Göttliche inspiziert gerade das Büffet. Mike entschuldigt sich bei der Kollegin mit Verweis auf ein „Riesenloch im Bauch“, schnappt sich einen Teller und pirscht sich unauffällig näher ran. Oh, sie guckt. Noch ein Lächeln. Jetzt zeigt er auf einen Salat und fragt: „Du hast nicht zufällig eine Ahnung, was da drin ist?“ Flirtforscher bestätigen: Die banalsten Fragen sind zum Gesprächseinstieg die besten – keineswegs auswendig gelernte Sprüche, die wirken lediglich plump. Wenn Sie dagegen etwas völlig Alltägliches fragen – etwa, welches Lied da gerade läuft – initiieren Sie nicht nur eine Unterhaltung. Sie beherzigen ebenso, dass ein Flirt vor allem eines bleiben muss: unverbindlich. Natürlich wissen Flirtende meist sehr genau, dass sie gerade flirten – die Körpersprache macht’s möglich. Trotzdem achten die Beteiligten an „gelungenen“ Flirts – heißt: allen Flirts, die überhaupt zustande kommen, weil sie nicht sofort abgewehrt werden – penibel darauf, das Gespräch harmlos zu gestalten. Paradox? So merkwürdig ist das gar nicht: So haben die Flirtenden die Chance, jederzeit auszusteigen. Ohne Angabe von Gründen. Eine Voraussetzung, die ganz wesentlich die Leichtigkeit ausmacht, die schöne Flirts auszeichnet! Gleichzeitig wird die Informationssammelphase verlängert, der erste Eindruck bekommt Konturen. Schließlich gibt es immer noch einige Punkte, die abgeklopft werden müssen: Kann die Frau über Monty Python lachen – oder eher über Mario Barth? Liebt sie Jazz – oder Electro? Hält sie Paul Auster für einen Fußballspieler? Und so weiter. Noch einen Vorteil hat die grundsätzliche Unverbindlichkeit: Sogar, wenn Sie bereits liiert sind, dürfen Sie schäkern. Sollte Ihre Liebste Wut schäumend fragen: „Was hast du denn da die ganze Zeit mit der Conny gemacht?“ können Sie guten Gewissens antworten: „Schatzi, keine Sorge: Wir haben nur geredet.“ Erstens stimmt das und zweitens ist so ein kleiner Flirt zur Pflege des Selbstwertgefühls allemal besser als ein Seitensprung. Vor allem für „Schatzi“. Auf ein Wiedersehen? Es geht bereits auf den Morgen zu. Mike ist immer noch begeistert von Laura – so der Name der Göttlichen. Schlau ist sie – und hat genau diesen leicht britischen Humor, den er so schätzt. Logisch, dass er sie wiedersehen will. Also, vielleicht. Das Ende eines ausgedehnten Flirts ist manchmal ein bisschen heikel, gerade wenn’s dabei ordentlich geprickelt hat: Vielleicht müssen Sie beim Ver- abschieden zugeben, dass Sie kein Interesse an einem zweiten Treffen haben, weil es da bereits eine Frau in Ihrem Leben gibt. Da hilft nur Ehrlichkeit, es sei denn, Sie möchten das Risiko eingehen, dass Ihr ahnungsloser Flirt auf Ihrem Facebook-Account heikle Nachrichten hinterlässt. Bedanken Sie sich für das Gespräch – und gehen Sie Ihres Weges. Niemand darf Ihnen deswegen böse sein! Möglicherweise haben Sie aber Ihrerseits ein weiterführendes Interesse. Fragen sie nach Mailadresse oder Telefonnummer, mit dem – immer noch unverbindlichen – Hinweis, man könne vielleicht „eventuell“ mal zusammen einen Kaffee trinken (die Miró-Ausstellung besuchen / aufs Leonard Cohen-Konzert gehen). Also, worauf warten Sie noch? Die anderen Göttinnen Gerade ist Mike ins Taxi gestiegen. In seiner Jeans knistert der Zettel mit Lauras Email-Adresse. Über der Stadt schimmert es schon rosa, die Sonne geht gleich auf. Dann fällt sein Blick in den Rückspiegel und trifft den der Taxifahrerin. Und er weiß: Der Frühling ist noch lang und die Welt ist voller junger Göttinnen. Eine davon fährt Taxi. 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